von Marco Alles (TA)
Der Fußball ruht. Das für heute angesetzte Thüringer Pokal-Endspiel
zwischen dem FC Rot-Weiß und dem FC Carl Zeiss findet nicht statt.
Das entschied gestern der Thüringer Fußballverband (TFV) und beugte
sich damit dem großen Druck der Öffentlichkeit. Als neuer Termin
wurde in Abstimmung mit beiden Vereinen der 21. oder 22. Mai
festgelegt. Die Eintrittskarten behalten ihre Gültigkeit.
Im Vorfeld hatten sich vor allem die Erfurter Vereinsführung und
deren Fans für eine Absage stark gemacht. Das sei man den Opfern der
Tragödie vom vergangenen Freitag einfach schuldig, erklärte der
Rot-Weiß-Aufsichtsrats-Vorsitzende Michael Panse gegenüber TA. Bei
einem Amok-Lauf hatte ein 19-Jähriger am Erfurter
Gutenberg-Gymnasium 16 Menschen getötet.
Am Wochenende waren deshalb der Großteil der Sportveranstaltungen -
darunter sämtliche Fußball-Spiele - in der Landeshauptstadt abgesagt
worden. Auf Grund des Austragungsortes (Gotha) und der
Termin-Ballung am Saisonende wollte der TFV noch bis gestern
Vormittag das Finale stattfinden lassen.
Darauf hin hatten viele Anhänger ihren Boykott angekündigt. Das
Erfurter Fan-Projekt startete einen Aufruf, im Gedenken an die
Opfer auf sämtliche Transparente und Fahnen sowie lautstarke
Unterstützung zu verzichten. Auch im Jenaer Fan-Lager hatte sich die
Mehrheit für eine Spielabsage ausgesprochen.
Diese eindeutigen Reaktionen der Anhänger bewirkten ein Umdenken in
der TFV-Zentrale.
"Die Verlegung des Endspieles ist die einzig richtige Entscheidung",
erklärte Rot-Weiß-Präsident Michael Leitenstorfer. "Der Fußball soll
Freude vermitteln. Und das ist diese Woche einfach nicht möglich."
Auch Fanbetreuer Danilo Knieling zeigte sich erleichtert über den
Ausfall: "Wie hätten wir unserer Mannschaft denn zujubeln sollen,
wenn ein paar Kilometer weiter entfernt ganz Erfurt in Trauer
liegt?"
Schon am vergangenen Freitag in Trier sei es verdammt schwierig
gewesen, dem Spiel zu folgen und sich über den Sieg zu freuen.
"Unsere Gedanken waren in Erfurt. Da war das 3:2 fast egal",
beschrieb der 30-Jährige gestern die bedrückende Stimmung unter den
Fans an der Mosel.
Auch der Jenaer Fanbeauftragte Matthias Stein hält die Verlegung des
Finales für eine "besonnene und angemessene Entscheidung". Es
hätte seiner Ansicht nach mit Sicherheit eine "sehr befremdliche
Atmosphäre" im Gothaer Volksparkstadion geherrscht. Fußball, der
von Stimmung lebt, und Trauerbekundungen passen nicht zusammen.
Sportlich ist die Neuansetzung des Endspieles für den FC Carl Zeiss
schwerer zu verkraften. Es steigt nun in der vermutlich
entscheidenden Meisterschaftswoche, zwischen dem Heimspiel gegen
Zwickau und vor dem abschließendem Auftritt bei Sachsen Leipzig. Für
die Erfurter ist dagegen zu diesem Zeitpunkt die Saison schon
beendet. Am 18. Mai treten sie zum Abschluss bei Kaiserslauterns
Amateuren an.
Zeiss-Präsident Michael Meier favorisierte deshalb die Austragung
des Finales zu Beginn des nächsten Spieljahres. Eine
Ausnahmegenehmigung von Seiten des Deutschen Fußball-Bundes (DFB)
wäre auch erteilt worden. Trainer Frank Eulberg entschied sich
allerdings dafür, den Pokalsieger noch in der laufenden Serie zu
küren: "Damit die Saison einen sauberen Abschluss hat."
Matthias Stein sagte, sicherlich stellvertretend für alle Thüringer
Fußball-Anhänger: "In solch einem Fall müssen einfach etwaige
Termin-Schwierigkeiten und sportliche Zwänge in den Hintergrund
treten."
Aus Respekt vor den Opfern.
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