Donnerstag 20.Dezember 2001 vorherige Meldung zurück zur Übersicht Archiv


Thüringenliga: SC 1903 Weimar

Ein Platz überm Strich
Interview mit Klaus Goldbach (Coach des SC 1903 Weimar)

von Michael Voss (Weimar / Thüringer Allgemeine)

SC 1903 WeimarBilanz zieht SC 03-Coach Klaus GOLDBACH zu Beginn der Winterpause. Im TA-Interview äußert er sich zu Zielen, Stärken und Schwächen seiner Landesliga-Elf sowie zu seinem Ärger über "trockene, realitätsferne Verbandsfunktionäre".

 

Die Herbstspiele des SC 03 sind vorbei - wie zufrieden gehen Sie in die Winterpause?
Bis auf die Partien gegen Carl Zeiss II und Rot-Weiß II, in denen wir chancenlos waren, konnten wir Landesliga-Niveau anbieten und mithalten. Mit 17 erspielten Punkten liegen wir hart an der Grenze. Die Auswärtsbilanz stimmt mich zufrieden, aber nur ein Heimsieg ist zu mager.
Zwei derbe Niederlagen, das zweitschlechteste Torverhältnis nach Nordhausen - wo sehen Sie die Ursachen für die durchwachsene Halbserie?
Der Prozess der Mannschaftsbildung hat sehr lange gedauert. Nach dem Trainerwechsel und den damit verbundenen mächtigen Personallücken ist das kein Wunder. Das summierte sich noch durch übliche Form-, Leistungs- und Gesundheitsprobleme. Es stimmt: Mit dem Torverhältnis können wir keine Bäume ausreißen.
Ist jetzt die richtige Aufstellung beisammen?
Ich setze auf diese Mischung aus Jung und Alt: Sieben A-Junioren trainieren regelmäßig mit. Drei haben den Sprung in die Elf gepackt. Das wirkt für die Youngster motivierend. Aber sie sollen auch lernen, dass bei den Männern ein anderer Wind weht.
Ihre Routiniers Andreas Zelßmann (38) und Andreas Kretzer (37) sind bereits im respektvollen Alter. Äußerten die beiden schon Gedanken ans baldige Aufhören?
Davon ist mir nichts bekannt. Ich bin ja heilfroh, dass ich auf diese Stützen bauen kann. Sie fordern die jungen Spieler stark, sind aber wiederum nicht zu dominant.
Im Sturm gab´s vor kurzem akute Personalnöte. Ist Besserung in Sicht?
Unser junges Eigengewächs Stefan Gehre, derzeit als offensiver Mittelfeldspieler unterwegs, könnte durchaus das Duo Müller/Popov bereichern. Er hat eine gute Einstellung und lebt richtig für den Fußball.
Strecken Sie in der Pause die Fühler nach Verstärkung aus?
Wir halten die Augen in der näheren Umgebung offen, im Umkreis von 20 Kilometern. Wenn der Klassenerhalt klappt, müssen wir das im Sommer noch verstärken. Es soll aber eine Weimarer Mannschaft werden, wobei ich keinen Unterschied zwischen Stadt- und Landspielern mache. Und wir können nicht mit großen finanziellen Versprechungen locken, nur mit einer sportlichen Perspektive.
Wie lange gönnt sich das Team Winterpause?
Wir machen nur 14 Tage Weihnachtsruhe, haben trainingsmäßig viel zu tun, planen sechs Testspiele und einen Sportschul-Aufenthalt. Der Blick geht aber jetzt schon zum 18. Februar. Bei unserem Tabellennachbar Rudisleben wird es ein wichtiges Sechs-Punkte-Spiel gegen den Abstieg geben.
Apropos Punkte - wie stark trifft Sie das Sportgerichts-Urteil, wonach Weimar wegen "Nichtgestellung von Schiedsrichtern" zwei Zähler abgezogen werden sollen?
Ich bin wütend, weil trockene, realitätsferne Verbandsfunktionäre uns mit einem blutleeren Urteil die Punkte stehlen, massiv in sportliche Belange eingreifen. Wenn wir auf dem Spielfeld etwas verbockt hätten, würden wir dafür geradestehen - aber so?
Wäre nicht der Verein verstärkt gefordert gewesen, das Manko zu beheben?
Wie ich weiß, hat der SC 03 alles Mögliche versucht, das Schiedsrichter-Defizit in den Griff zu bekommen. Ich hoffe, dass wir nun alle Mittel auch vor einem Amtsgericht ausschöpfen können.
Werden Sie nicht auch sauer, wenn ein Spiel ausfallen muss, weil der Schiedsrichter fehlt?
Ich habe diesbezüglich andere Vorschläge: Der Verband sollte es endlich ermöglichen, dass Nachwuchsspiele in den jüngsten Altersklassen auch durch Übungsleiter gepfiffen werden dürfen, selbstverständlich im Wechsel. Das würde überdies Kosten sparen.
Ligaplatz 7, dann 9., 10., 12. Rang - wenn sich der Fluch der Serie fortsetzt, könnte es diesmal sehr eng werden.
Das ist überhaupt nicht vergleichbar, weil sich die Mann-schaften und der Teamgeist radikal unterscheiden. Wir sind angetreten, um den Abwärtstrend zu bremsen, den Klassenerhalt zu schaffen. Ein Platz überm Strich ist das klare Saisonziel, um auf dem Lindenberg ein Team aufzubauen, das längerfristig wieder nach Höherem streben kann.

Das Gepräch führte Michael Voss (Thüringer Allgemeine)