Dienstag 20.März 2001 vorherige Meldung zurück zur Übersicht nächste Meldung
Kommentiert: Die einfache Wahrheit

von Heiko Faber (Jena /OTZ 18.03.01)

FC Carl Zeiss Jena (OTZ) Nur das Ergebnis zählt. Und ein 1:1 auf eigenem Platz gegen einen direkten Konkurrenten im Kampfum den Klassenerhalt, das ist mehr als dünn. Die Rote Laterne wurde zwar abgegeben, doch der Rückstand zum Nichtabstiegsplatz ist mit sechs Punkten geblieben.

Es sind noch zehn Spieltage, wird man sich beim Zeiss-Vorstand sagen und eifrig weiter hoffen. Vielleicht, so war auf den Rängen zu hören, auch darauf, dass der eine oder andere keine Lizenz bekommt und Jena so drittklassig bleiben könnte. Das wäre allerdings eine Spekulation, die man dem Thüringer Traditionsverein nicht unterstellen sollte.
Die traditionelle sonntägliche Krisensitzung beim Regionalligisten brachte ein Ergebnis: Mit Trainer Slavko Petrovic auch in die Oberliga, wenn das "minimalste Saisonziel" nicht erreicht wird. Der Serbe hat seine Bereitschaft signalisiert, den FC Carl Zeiss auch in der Viertklassigkeit zu betreuen. Von einem Schicksalsspiel gegen die Bayern-Amateure, so war es noch wenige Tage zuvor in einem Schreiben des FC Carl Zeiss bezeichnet worden, war am Wochenende nicht mehr die Rede. Trotz sechs siegloser Spiele in Folge sieht man im Zeiss-Präsidium keinen Handlungsbedarf, angeblich gibt es keine Alternative zum Trainer und es verweist auch auf die Linie der Sportwelt Beteiligungsgesellschaft: die von ihr unterstützten Vereine sollen äußerst sparsam mit den Finanzen umgehen. Mit anderen Worten: zwei Trainer auf der Gehaltsliste, das kann man sich in Jena nicht leisten.

Wer trägt diesmal die Schuld, dass es wieder nicht für einen Heimsieg gereicht hat? Der letzte datiert übrigens vom 25. November und war mit dem 5:0 gegen Elversberg sogar eindrucksvoll. Hat die geballte Kritik der Thüringer Medien die gut bezahlten Spieler noch mehr verunsichert und haben sie jetzt sogar Angst vor dem eigenen Publikum? Nicht zu glauben! Die Lage in Jena ist seit Monaten prekär, jetzt, da die Oberliga immer näher rückt, mehr als angespannt.

Stadionsprecher Ulrich Klemm, der einen guten Job gemacht hat, musste seinen Platz räumen. Sein Honorarvertrag wurde nicht mehr verlängert. Möglicherweise deshalb nicht, weil er in einer Zeitung über das Gehalt von Trainer Petrovic (angeblich 20 000 Mark brutto) geschrieben hatte. Es sei weniger, meinte Klubchef Dr. Schmidt-Röh.

Dazu gab es verschiedene Reaktionen. Haiko Herrmann aus Jena schrieb der OTZ: "Mir scheint, als wäre die Äußerung von Stadionsprecher Klemm Herrn Schmidt-Röh sehr peinlich. Sollte die Angabe über das Gehalt stimmen, kann ich nur den Kopf schütteln. Man sollte dem Trainer und den Spielern für ihre miserablen Leistungen das Gehalt drastisch kürzen. Vielleicht fangen diese dann wieder an, Fußball zu spielen."

Jenas Talfahrt schlägt sich immer mehr auf den Gemütszustand bei vielen Anhängern nieder. Verstärkte Kritik muss sich dabei auch der Vorstand gefallen lassen. Und die Meinung von Trainer Petrovic in der Pressekonferenz, dass die Fans zum Schluss nicht mehr hinter der Mannschaft gestanden hätten, ist der Stimmung nicht gerade dienlich. Die Fans waren darüber verständlicherweise sauer: Geld bezahlt, bei dem Sauwetter ausgeharrt und dann noch beschimpft. Vielleicht sollten die Gladiatoren erneut Einzug halten und es im Heimspiel gegen die Amateure des VfB Stuttgart wieder mit einer Resolution versuchen. Über solche schönen Aufsätze werden sich höchstens die früheren Lehrer der Spieler freuen. Ansonsten gilt im Fußball nämlich noch folgendes Reglement: Drei Punkte erhält nur, wer mindestens ein Tor mehr schießt als der Gegner. Vielleicht sollten sich die Zeiss-Kicker mehr auf diese einfache Wahrheit besinnen.

Alexandar Jovic

Foto (René Röder):
Thüringenderby FC RW Erfurt - FC CZ Jena 0:0 - Alexandar Jovic (Jena) im "Bodenkampf"

 

Quelle: Ostthüringer Zeitung