TLZ: |
Herr Rieth, inwiefern trägt der SV Wacker 07 Gotha heute ihre Handschrift? |
Helmut Rieth: |
Meine Handschrift? Ich glaube, dass es den Verein überhaupt noch gibt. Zwischendurch
stand er auf der Kippe. |
TLZ: |
Wie hat sich Wacker seitdem verändert? |
Helmut Rieth: |
Es gibt heute mehr Transparenz zwischen dem Vorstand und
den Abteilungsleitungen, weil ich die Abteilungsleiter
in die Vorstandssitzungen mit eingebunden habe. Dadurch
hat sich der Informationsfluss im Verein deutlich
verbessert.
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TLZ: |
War das fehlende Miteinander das größte Problem ihrer Vorgänger? |
Helmut Rieth: |
Ich glaube ja. Das hatte damals Raum gelassen für
Misstrauen, teilweise auch für Unterstellungen.
Ihnen hat man unterstellt, sich erst für die
Bobfahrerinnen einzusetzen und sie dann fallen zu
lassen.
Die Kiste mit Lutz Katerbau war natürlich nicht so
erfreulich für mich. Aber ich sage immer: Man beißt
nicht in die Hand, die einen füttert. Heute denke ich,
das war elitärer Sport für drei Damen.
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TLZ: |
Das klingt, als wären sie froh darüber, dass sie diese kleine Abteilung losgeworden sind? |
Helmut Rieth: |
Ich wollte den Traditionsverein für Breitensport
erhalten. Da muss sich Leistungsspitze mit
Leistungsdichte paaren.
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TLZ: |
Leistungssport ist aber teuer. Wie steht es heute finanziell um den SV Wacker 07? |
Helmut Rieth: |
Auch wenn Manche, die uns nicht so gut gesonnen sind,
immer wieder Unkenrufe senden, kann ich sagen: Wir sind
schuldenfrei.
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TLZ: |
Wie ist Ihnen das gelungen? |
Helmut Rieth: |
Ich habe mich in den vergangenen vier Jahren besonders
um die Finanzen gekümmert und stets zur rechten Zeit
einen neuen Hauptsponsor gefunden. Anfangs hatten wir
Gotha Bau, dann TUE...
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TLZ: |
...und heute Dussmann. |
Helmut Rieth: |
Stimmt. Ich will aber betonen, das alles habe ich nicht
allein geschafft, sondern immer nur mit Freunden an
meiner Seite. Beispielsweise hat uns auch OB Volker
Doenitz nach seinen Möglichkeiten geholfen.
Trotzdem ist Wacker 07 heute ein ganz anderer Verein,
vergleicht man ihn mit dem Beginn ihrer Amtszeit. Ich
erwähne nur die Ausgründung der Abteilung Kegeln.
Wenn wir einen Sportverein nach modernen Gesichtspunkten
führen wollen, müssen wir nach geeigneten Strukturen
suchen. Die Ausgründung der Kegler war sicher die
richtige Entscheidung, während es bei den Boxern keinen
Sinn gemacht hätte.
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TLZ: |
Wird es weitere Ausgründungen geben? |
Helmut Rieth: |
In dieser Frage werde ich weiterhin eine ganz harte
Linie fahren. Ich entlasse Abteilungen nur dann in die
Selbstständigkeit, wenn ich es auch verantworten kann.
Der neue Verein muss lebensfähig sein.
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TLZ: |
Immer wieder ist die Rede von einem eigenständigen Fußballclub Wacker Gotha.
Wird es den bald geben? |
Helmut Rieth: |
Fußball lebt hauptsächlich von Sponsoring.
Eigeneinnahmen könnten zwar in der Oberliga solche
Größenordnungen bekommen, dass es sich lohnt, einen
eigenständigen Verein zu gründen. Aber momentan ist das
noch nicht der Fall.
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TLZ: |
Anderes Beispiel: Sehen Sie die Gefahr, dass Wacker ein Fußballverein mit "Anhängseln" werden könnte? |
Helmut Rieth: |
Nein, meine Linie ist: Nur gemeinsam sind wir stark. Bei
den Boxern beispielsweise bürgt der Name Wacker für
Qualität. Unser Deutscher Meister Thomas Völkner ist das
beste Beispiel. Abgesehen davon sehe ich es auch nicht
ein, die anderen Abteilungen im Regen stehen zu lassen.
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TLZ: |
Ich verstehe das richtig, es wird mit Ihnen keinen FC Wacker Gotha geben? |
Helmut Rieth: |
So lange ich hier bin, wird es das nicht geben. Eine
andere Frage ist die nach der Struktur. Mit dem Beirat,
den wir für die Abteilung Fußball einführen wollen,
schaffen wir ein Gremium, das den Präsidenten und den
Sportdirektor berät.
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TLZ: |
Können Sie sich eine Fußball GmbH vorstellen? |
Helmut Rieth: |
Bisher war die Abteilung Fußball ein Zuschussgeschäft.
Da muss ich darauf achten, dass das Geld
gleichberechtigt verteilt wird. Vielleicht etablieren
wir für die Fußballer ein eigenes abrechenbares Konto.
Aber ich sage noch einmal: Mit mir wird es keine
Ausgründung der Fußballer geben.
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TLZ: |
Unter Ihrer Führung ist Wacker erheblich geschrumpft... |
Helmut Rieth: |
Moment mal! Das Schrumpfen klingt mir zu negativ. Schach
mit seinen 15 Leuten und Radsport mit seinen 20 Leuten -
das war im Grunde genommen kein Schwund, denn
Fluktuationen hat man in einem so großen Verein immer.
Auch den Weggang der Bobfahrer betrachte ich nicht als
Verlust.
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TLZ: |
Soll das heißen, es war ihre Absicht, Wacker 07 in dieser Form zu verkleinern? |
Helmut Rieth: |
Genau genommen sind wir heute bei den
Traditionssportarten angekommen: Fußball, Boxen,
Gymnastik/Turnen. Die Abteilungen Judo und Tischtennis
ergänzen das Ganze. Meiner Meinung nach hat der Verein
heute eine Struktur, die zukunftsfähig ist.
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TLZ: |
Zukunftsfähig auch für die Fußball-Oberliga? Kritiker sagen, das sei für Wacker eine finanzielle Zerreißprobe. |
Helmut Rieth: |
Fakt ist, wir werden in der Oberliga der David sein und
uns gegen Goliaths behaupten müssen. Wenn beispielsweise
Rot-Weiß Erfurt mit 3,1 Millionen Mark Etat einsteigt,
muss ich gestehen: Wir haben nicht mal zehn Prozent
davon. Dass Geld aber nicht Alles ist, haben der Abstieg
von Jena und Erfurt bewiesen.
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TLZ: |
Sie meinen also, ihr Verein könnte sich in der Oberliga behaupten? |
Helmut Rieth: |
Ich denke, wenn das Umfeld stimmt, könnte es klappen.
Gotha hat auf jeden Fall wieder die Chance, zu einer
Fußballregion zu werden.
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TLZ: |
Am Freitag sind Vorstandswahlen. Was muss das neue Präsidium schnellstmöglich erledigen? |
Helmut Rieth: |
Vor allem Kontinuität bewahren, einen Gang zulegen und
sich um den Nachwuchs kümmern, noch stärker als bisher!
Übrigens in allen Abteilungen, nicht nur im Fußball.
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TLZ: |
Gibt es auch akuten Handlungsbedarf, was den Etat für die neue Saison anbelangt? |
Helmut Rieth: |
Ich bin kein Typ, der in Hektik verfällt, will erst mal
alles auf mich zukommen lassen. Bisher haben wir alle
Möglichkeiten im engeren und weiteren Umkreis genutzt,
an Sponsoren heranzutreten. Mit verschiedenen Firmen
sind wir noch im Gespräch. Insgesamt sieht es aber gut
aus.
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TLZ: |
Wenn ich das richtig verstanden habe, planen sie mit einem Etat von 300 000 Mark.
Reicht das für die Oberliga? |
Helmut Rieth: |
Ich bin kein Träumer, sondern Realist. Große Einkäufe
gibt der Etat leider nicht her. Deshalb wollen wir
Spieler an uns binden, die möglichst ablösefrei sind und
den Verein nicht viel kosten. In dieser Beziehung
vertraue ich voll und ganz auf Trainer,
Vereinskoordinator und Sportdirektor.
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TLZ: |
Aber Trainer Frank Stein hat davon gesprochen, dass bis zu neun neue Spieler nötig seien.
Nur Wunschdenken? |
Helmut Rieth: |
Ich akzeptiere den Bedarf, den der Trainer angemeldet
hat. Er kann sich meiner Unterstützung sicher sein, aber
eben nur im Rahmen des Möglichen. Momentan haben wir
einen Kader von 14+2, künftig sollen es 20+2 Spieler
sein.
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TLZ: |
Kommen auch drei Brasilianer in ihren Planungen vor? |
Helmut Rieth: |
Sollte es mit ihnen klappen, könnte ich sie mir als
Anschlusskader vorstellen. Nur dürfen sie von uns keine
Garantie erwarten, dass sie zum Stamm der ersten
Mannschaft zählen werden. Die Entscheidung liegt beim
Trainer.
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TLZ: |
Gar keine Angst wegen der neuen Ausländer-Regelung? |
Helmut Rieth: |
Nein, es gibt da andere Möglichkeiten. Aber damit geht
man nicht hausieren.
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TLZ: |
Herr Rieth, am Freitag kandidieren Sie für ihre dritte Amtszeit.
Könnte es sein, dass das ihre letzte Legislaturperiode als Wacker-Präsident wird? |
Helmut Rieth: |
Man sollte niemals nie sagen. Aus Erfahrung weiß ich,
dass sich der Verein innerhalb von zwei Jahren stark
verändern kann. Da muss man mit Hochs und Tiefs rechnen.
Ich kann also nicht sagen, was in zwei Jahren passieren
wird.
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