Dienstag 20.März 2001 vorherige Meldung zurück zur Übersicht nächste Meldung
Tino Lietsch - von der Gera ans Mittelmeer

von Michael Keller (Arnstadt /TA)

Tino Lietsch ARNSTADT. Die TA-Nachricht, dass Tino Lietsch, der Torwart des SV Arnstadt Rudisleben, nach Mallorca in die Rudi Völler-Fußballschule wechselt, schlug bei den Sportfans in der Kreisstadt ein wie ein Blitz. Wie kommt ein Fußballtorwart aus der ostdeutschen Provinz zu so einem Job, fragten sich viele. "Ganz einfach, ich habe mich im Oktober 2000 auf eine Annonce von Neckermann-Reisen beworben und es hat geklappt", meinte der 23-Jährige freudestrahlend. Gesucht wurden seinerzeit Fußballer bis hin zur Landesliga, die Interesse daran haben könnten, Kinder auf Mallorca zu trainieren. Lietsch hatte Interesse. Klar doch, wo ihn die Insel sowieso gereizt hat. Im Januar kam dann doch etwas überraschend die Zusage. Vorerst für ein Jahr. Mit der Option auf Verlängergung, wenn man mit ihm zufrieden ist. "Es ist eine riesige Chance für mich", sagt der Ichtershäuser. Er arbeitet dort in der Mittelmeersonne mit Urlauberkindern. Rudi Völler sei jedoch nicht dort zu finden, er hat nur seinen Namen gegeben.

Lietsch, der bisher bei der Rudislebener Hausbaufirma Arcus als Werbekaufmann angestellt war, unterschrieb einen Vertrag bei Neckermann-Reisen. Beim SV war man nicht gerade begeistert, als er seinen Weggang bekannt gab. Aber Steine habe man ihm nicht in den Weg gelegt, versichert der junge Bursche, der insgesamt 118 Landesligaspiele für seinen Verein bestritt und wegen seiner korrekten, stets freundlichen und aufgeschlossenen Art bei seinen Mannschaftskameraden und beim Publikum gleicher Maßen sehr beliebt war. Über 15 Jahre hatte er für Rudisleben gekickt, alle Altersklassen seit der Kindheit durchlaufen. Das Eigengewächs galt als Stütze und Leistungsträger.

Am 11. März morgens um sechs Uhr ging das Flugzeug, das Tino Lietsch von Erfurt nach Mallorca brachte. 14 Tage Schulung warteten dort erst einmal auf ihn. "Ich bin für alles Neue offen, doch es war alles andere, als eine einfache Entscheidung", gab er vorher zu. Man gebe viel auf, doch sei der Umstand, dass er nicht gebunden sei, dabei hilfreich gewesen. Auch die Eltern hätten ihm zugeraten. Der Neu-Spanier erhofft sich durch seine neue Tätigkeit auch neue Kontakte, um, als was auch immer, möglicher Weise im bezahlten Fußball einzusteigen. Reich werden könne man allerdings nicht dabei, auch wenn neben der Bezahlung Kost und Logis frei sind, meint Lietsch. Aber die Lebensqualität unter strahlender Sonne sei halt durch nichts zu ersetzen.

In einer Woche kommt der Auswanderer noch einmal nach Hause, um alle Formalitäten zu klären. Am 1. April ist dann scharfer Start in der Fußball-Schule. Ob sein Verein bis dahin allerdings einen gleichwertigen Ersatz für ihn gefunden hat, ist fraglich, denn die Wechselfrist ist längst abgelaufen. Sollte dem aktuellen Stammtorwart Christian Apel in nächster Zeit eine Verletzung unterlaufen, muss sich dann Andy Raab die Torwarthandschuhe überstreifen.

Foto (H.P.Stadermann): Tino Lietsch 

Quelle: Thüringer Allgemeine